Ca. 67 m ü. NN Bachkilometer 4,75
Koordinaten: 50°58´30´´N 6°46´26´´E
Mühlstein der ehemaligen Wassermühle am renaturierten Bachabschnitt in Sinthern ;
Aufnahme vom 28. April 2008
Ein Mühlstein mit sechs verstellbaren Schäleisen, der auf eine ehemalige Schäl- oder Graupenmühle hinweist, ist das einzige Relikt eines seit etwa 1500 betriebenen Mühlenstandortes im Westen von Sinthern. Die Mühle wurde damals im Auftrag des Abtes der Abtei Brauweiler errichtet. Der Stein wurde am 8./9. Oktober 1998 bei Ausschachtungsarbeiten gefunden. Überliefert ist eine Mühle mit zwei Mahlgängen und einer Bäckerei. Gegen Ende des Betriebes wurde nur noch Tierfutter geschrotet, 1939 wurde auch das Backhaus geschlossen.
Oberschlägige Sintherner Wassermühle ;
Postkarte von 1929 (Archiv Geschichtsverein Pulheim)
Die Mühle war oberschlägig, das heißt, das Antriebswasser („Aufschlagwasser“) wurde von oben auf das Mühlrad geführt.
Sinthern mit Wassermühle und Mühlenteich am westlichen Ortsrand ; Ausschnitt aus der Tranchotkarte no 71 Lövenich (nach 1803) ©Geodatenzentrum Bez.Reg. NRW
Ein Ausschnitt aus Blatt 71 (Lövenich) der von französischen Militärs unter Leitung des Geographen Oberst Jean Joseph Tranchot durchgeführten Kartenaufnahme der Rheinlande zeigt im Westen des Ortes die Mühle und den Mühlenteich. In früheren Jahrhunderten auch als Fischteich bewirtschaftet, wurde er noch 1937/38 als Badeteich genutzt. Ein Resttümpel wurde 1960 beim Bau des Hochwasserrückhaltebeckens (Erzählstation HRB Sinthern) verfüllt.
Über mehr als 1000 Jahre ist die Nutzung des Baches durch Mühlen urkundlich belegt. Insgesamt sind sieben Mühlenstandorte am Pulheimer Bach sicher nachgewiesen. Vier weitere waren wie die Sintherner Mühle oberschlägig, lediglich bei zweien wurde das Mühlrad vom darunter fließenden Mühlbach angetrieben („unterschlägig“), nämlich an der Pletschmühle (Nummer 1 in der Karte) und an der Olligsmühle (Nummer 5 in der Karte).
Ölmühle westlich Sinthern; Postkarte von 1904 (Archiv Geschichtsverein Pulheim)
Eine Mühle wurde am Westrand der Gemarkung von Sinthern zeitgleich mit der Sintherner Mühle unter Abt Johannes I. von der Abtei Brauweiler errichtet. Der Neubau der Olligsmühle entstand 1786. Er enthielt einen Öl-und Schälgang, dessen Kollersteine am noch erhaltenen Wohngebäude lehnen.
Mühlsteine des Kollergangs zur Ölgewinnung an der Nordwand des Wohngebäudes der ehemaligen Olligsmühle; Aufnahme vom 28. April 2008
Abtsmühle (links) und Olligsmühle (rechts) mit zahlreichen Fisch- und Mühlenteichen ; Ausschnitt aus der Tranchotkarte no 71 Lövenich (nach 1803) ©Geodatenzentrum Bez.Reg. NRW
Wie der Ausschnitt aus der Tranchotkarte erkennen lässt, bestimmten vor 200 Jahren mehrere Fisch- und Mühlenteiche das Landschaftsbild zwischen Sinthern und Glessen. Der Mühlenteich direkt an der Olligsmühle (in der Karte rechts) wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zugeschüttet und mit Obstbäumen bepflanzt. Der direkt westlich anschließende Teich wurde um 1922/23 verfüllt. Im Zuge der Renaturierung des Pulheimer Baches wird dieses Gelände zu einer naturnahen Auenlandschaft zurückgebaut.
Die Teiche am Keuschenbroich- und am Abtsmühlengraben wurden in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts abgelassen.
Ehemalige Teiche am Keuschenbroichgraben, heute von Buschwerk und Schilf überwachsen: Aufnahme vom 7. November 2008
Bis heute zeugen ein versumpftes Gelände und undeutlich erkennbare Erdwälle von den ehemaligen Teichen am Keuschenbroichgraben (das sind die großen Teichflächen im oberen Kartenteil).
Die Abtsmühle in Glessen, die man links in der Tranchotkarte erkennen kann, brannte 1886 nach einem Blitzschlag ab. Wie weit ihre Geschichte zurück reicht, ist nicht bekannt. Aber bereits 1646 kaufte der Abt von Brauweiler das Gelände und ließ eine Korn- und eine Ölmühle errichten.
Aus der Flurbezeichnung abgeleiteter Straßenname in Glessen
An die ehemalige Mühle erinnern Straßennamen und wenige Mühlsteine an der Eingangstreppe zum Garten des Breuershofes.
Mühlsteine der Abtsmühle als Treppenstufen zum Garten des Breuershofes; Aufnahme 23. Mai 2010
Braunsfelds-Mühle 1897; Ausschnitt aus einer Postkarte (Archiv Geschichtsverein Pulheim)
In Glessen, unterhalb der Kirche, stand im feuchten, durch Hochwasser gefährdeten Wiesengrund eine 1312 erstmalig urkundlich als Teil des Rittergutes Neuhof erwähnte Mühle (Neuhofs-Mühle in einer Karte von 1865).
Ausschnitt aus der Tranchot – Karte (vor 1815); Mühlensignatur und Teich ganz undeutlich östlich der Hauptstraße (Hohe Straße) am Bach
Da Gut und Mühle Mitte des 18. Jahrhunderts an Freiherr Franz von Braunsfeld und seine Frau Adelheit Henriette von Schiller überging, wurde sie Braunsfelds-Mühle genannt, in jüngerer Zeit dann Fabriciusmühle nach dem letzten Eigentümer vor ihrer Stilllegung im Jahre 1960.
Kahnpartie auf dem Glessener Mühlenteich; Foto 1940/41 (Archiv Geschichtsverein Pulheim)
Der Mühlenteich, auf dem früher auch Kahn gefahren wurde, war umgeben von Wiesen und Obstgärten. Die drei Teiche unterhalb des Gutes, sie sind heute Teil des Naturschutzgebietes „Liebesallee“ (Erzählstation 3), dienten der Fischzucht.
Wohnbebauung über dem ehemaligen Mühlenteich in Glessen; Aufnahme vom 23. Januar 2009
Der Teich ist inzwischen zugeschüttet und - wie seine Umgebung - überbaut.
Straße „Am Mühlenteich“ in Glessen; Aufnahme vom 3. November 2008
Lediglich der Straßenname und das aus Feldbrandsteinen erbaute Gebäude erinnern innerhalb des Neubaugebietes an die ehemalige Mühlennutzung.
Gebäudeteil der ehemaligen Braunsfelds-Mühle (Fabriciusmühle); Aufnahme vom 29. Oktober 2008
Weitere Informationen:
http://www.glessen-gazette.de/geschichte.htm
Auch unterhalb der Sintherner Wassermühle finden sich teilweise sehr alte Mühlenstandorte.
Die Geyener Mühle am Westrand von Geyen; Ausschnitt aus der Preußischen Uraufnahme Blatt 5006 Frechen von 1845
In der Karte der Preußischen Uraufnahme von 1845 sieht man im Westen der Ortschaft Geyen Mühle und Mühlenteich. Es ist urkundlich die älteste Mühle am Bach. Bereits in einer von Erzbischof Bruno unterzeichneten Schenkungsurkunde von 962 wird eine Mühle in Geyen erwähnt, die in den Besitz des Damenstiftes St. Cäcilia in Köln überging.
Die Mühle wurde um 1950 aufgelassen.
Sportplatz Sinthern-Geyen über dem ehemaligen Mühlenteich; Aufnahme vom 8. Dezember 2008
Der Mühlenteich wurde verfüllt und verschwand unter dem Sportplatz.
Ehemaliges Wohngebäude und Straßennamen, die an die Geyener Mühle erinnern; Aufnahmen vom 30. Mai 2009
Das Wohngebäude ist noch erhalten, Straßennamen halten die Erinnerung an die alte Mühle wach.
Letzte Erinnerung an die Pulheimer Mühle; Aufnahme vom 3. November 2008
An der Stelle, wo die 1301 erstmalig erwähnte unterschlägige Pulheimer Mühle bis etwa 1930 betrieben wurde, findet sich nur noch ein Straßenschild. Sie war, wie die Pletschmühle, eine Erbpachtmühle des Herzogs von Jülich.
Pletschmühle und Laachen; Ausschnitt aus der Tranchotkarte no 71 Lövenich (nach 1803) ©Geodatenzentrum Bez.Reg. NRW
Ehe der Bach sich in die Pulheimer Laachen ergoss, trieb er eine weitere oberschlägige Mühle an, die an einer Geländekante gelegen war, dem Rand zwischen der Niederterrasse und einem Altarm des Rheines (Erzählstationen 28 und 30). In der Tranchotkarte findet sich ein kleiner Mühlenteich direkt an der Mühle sowie ein zweiter Bevorratungsteich bachaufwärts. Dieser wurde auch als Pferdeschwemme genutzt, um die Tiere nach der Feldarbeit darin zu waschen („Rossweiher“).
Pletschmühle und alte Rheinrinne, Blick von Osten, Im Hintergrund Bildmitte der kondensierende Wasserdampf des Kraftwerks Niederaussem; Aufnahme vom 31. Januar 2010
Am alten Mühlenstandort wird das Bachwasser über ein Verteilungswerk in die Große (links im Bild) und die Kleine Laache (rechts im Bild) geführt, wo es im Untergrund versickert (Erzählstation 29).
Ehemalige Pletschmühle mit Reiterhof und Pferdekoppel; Aufnahme vom 19. Februar 2008
Heute noch erhaltene Mühlengebäude sind Teil eines Reiterhofes.
Keine der Mühlen ist mehr in Betrieb.
Von Dr. Ralf Kreiner ist eine Studie zu den Mühlen am Pulheimer Bach erschienen. Sie können die Studie hier als pdf abrufen.
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